Sonntag, 19. Februar 2012

Om

Zeit, sich ein wenig Zeit zu nehmen. Es twittert, klingelt, pingt, piepst, surrt. Und das Hecheln von einem Tool zur nächsten App nimmt kein Ende und wächst sich ab und an zu Japsen aus.  Wir kommen nicht zur Ruhe, die rasche Antwort ist eine systemimmanente Notwendigkeit. Man habe doch bereits vor 20 Minuten eine Mailbox-Nachricht hinterlassen und sogar per sms Reaktion gefordert. Was man denn die ganze Zeit getan habe?
Nachgedacht? Kontempliert? Gar einmal tief durchgeatmet? Pros und Kontras gegeneinander abgewogen? Vielleicht sogar ein zweite Meinung oder – Gott bewahre – eine dritte Meinung eingeholt?
Bevor noch Entscheidungen überschlafen werden können ist der Vertrag schon unterzeichnet, der Euro abgeschafft, eine Regierung gestürzt oder gar irgendwo ein Fahrrad umgefallen. Und womöglich hat man´s versäumt.
Gut, zugegeben, an dem Wahnsinn nicht teilzunehmen, bedeutet die Aufgabe der beruflichen Karriere, wie wir sie kennen. Wer nicht mitmacht, ist gegen uns, dem geben wir keine Chance. Also muss man, wenn man will.
Aber man muss nicht immer. Wir können uns bewusst Zeit nehmen. Ein bisschen langsamer machen. Einmal eine Nacht oder mehrere drüber schlafen. Dem anderen zuhören, Aufmerksamkeit schenken. Energie in wirkliche Beziehungen investieren, die über fans, follower und Kontakte hinausgehen und länger halten als bis zum nächsten Posting.
Ich jedenfalls werde wieder mehr Briefe schreiben. So richtig altmodisch, damit der Postmann auch wieder mal klingeln darf. Am besten handgeschrieben (ich hoffe, das geht noch). Wo man drei oder viermal beginnen kann, bis es passt. Und am Ende auch noch die Zeit bis zum Briefkasten hat, um zu überlegen, ob der Versand wirklich das bringt, was man sich erwartet.
Don´t get me wrong, Internet und Konsorten sind eine coole Sache. Aber es gibt nichts, was man im Übermaß konsumieren sollte. Die Überdosis ist immer giftig.