Mittwoch, 23. Mai 2012

Gegendarstellung


Vergangene Woche war wieder mal Immobilienmarkt-Bashing angesagt. Ein Kollege von profil online fühlte sich bemüssigt, über die architektonische Qualität neuer Gewerbeimmobilien in Wien zynische Häme auszuschütten. Abgesehen davon, dass der liebe Kollege ein typischer Österreicher zu sein scheint, der nichts gut findet, aber alles irgendwie schlecht, bleibt man den Beweis schuldig, wie es besser zu machen sei. Sogenannter kritischer Journalismus eben.

Deswegen: es ist hoch an der Zeit, auch mal den Hut zu ziehen. Vor all jenen Immobilienentwicklern, die mit Akribie an den Wunsch heran gehen, für Nutzer attraktive, architektonisch interessante und trotzdem wirtschaftlich erfolgreiche Gebäude zu entwickeln. Das wird einem nämlich gar nicht leicht gemacht: Einsprüche von geldgierigen Anrainern, Bankenfinanzierungen nur mit einem Golddepot, politische Forderungen nach mehr Infrastruktur, Nutzer die immer mehr Leistung für immer weniger Geld wollen und steigende Rohstoff- und damit auch Errichtungskosten. Und Grundstücke gibt’s auch keine. Schlussendlich kommen noch die Hobbyarchitekten und Amateurbauträger aus allen Winkeln gekrochen und mahnen mit erhobenem Zeigefinger, was alles anders gemacht hätte werden können. Oder müssen.

Nach 20 Jahren und ein paar zerquetschten beruflicher Existenz in der ersten Reihe fußfrei beim Spektakel Immobilienbranche ist mir eines klar: Erstens müssen Immobilienunternehmen Gewinn erwirtschaften. Das ist der Grund, warum manche Gebäude sind, wie sie sind. Und zweitens gibt es aber auch kaum einen Sektor, der sich zumindest auf den zweiten Blick sehr wohl sehr viel Gedanken um die gesellschaftliche Verantwortung macht. Die man eben hat, wenn man Produkte schafft, die 10, 20, 30 oder mehr Jahre unsere Umwelt beeinflussen.

Wie oben erwähnt: Chapeau vor diesem Spagat. Der tut manchmal wirklich weh. Und Chapeau vor allen, die selbigen noch nicht hingeworfen haben ob der Tatsache dass eine ganze Branche von der Öffentlichkeit – trotz immer weniger Berechtigung – pauschal als Gauner, Profitgeier und Glücksritter gesehen wird.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen